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"Wellinger-Faasend"

Ursprung, Geschichte, Tradition

In Saarwellingen wird das Wort „Faasend“ schon immer großgeschrieben. Die „Wellinger Faasend“ wird durch den traditionellen „Saarwellinger Nationalfeiertag“ am Fetten Donnerstag, in Saarwellingen „Greesentag“ genannt, eingeleitet.

Ursprünge der „Wellinger Faasend“:

Der „Greesentag“ (eigentlich die einzige überlieferte Alt-Weiber-Faasend an der Saar) muss als älteste Tradition gewertet werden, die uns neben der rauen Sprache als Teil alemannischen Brauchtums überliefert wurde.
Die älteste urkundliche Erwähnung der Saarwellinger Fastnacht stammt aus dem Jahre 1624. In anderen Teilen Deutschlands hatte der 30-jährige Krieg bereits begonnen, aber in Saarwellingen war noch nichts davon zu spüren.
In einem Visitationsbericht heißt es wörtlich: „daß auf Fastnacht und Matthia (Bistumspatron) gedanst worden sei“. Dies zeigte der Pfarrer der Synode an. Saarwellingen war damals evangelisch und den geistlichen Herren des neuen puritanischen Glaubens waren Tanzfeste ein Gräuel.

Ein vermuteter geschichtlicher Hintergrund für die Einführung des „Greesentages“ am Fetten Donnerstag in Saarwellingen vom Saarwellinger Heimatforscher Klaus Mayer:

Im 16. und 17. Jahrhundert gehörte die „Freie Reichsherrschaft Saarwellingen“ zur Grafschaft Kriechingen, deren letzter Regent vor der Französischen Revolution der Graf von Wied-Runkel war.
Saarwellingen war das letzte Dorf des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ an der Grenze zum Königreich Frankreich. Kam man durch die Wellinger Wälder nach Roden, Fraulautern oder Hülzweiler, so war man schon in Frankreich.
Deshalb war es nur zu verständlich, dass die Schmugglergeschäfte in hoher Blüte standen. Als hauptsächliche Schmugglerware nennen die alten Dokumente Salz, Tabak und Branntwein. Um sich nicht von den französischen und reichsdeutschen Zöllnern erwischen zu lassen, verkleideten sich die Schmuggler oft als alte Frauen, oder, wie es in der Wellinger Mundart heißt: als GREESEN, die im Wald nach Brennholz suchten.
Bei so einem gelungenen „Schmugglertrip“ sagten die Bewohner von Roden, Lautern und Hülzweiler: „Hier kommen die Wellinger GREESEN“ und es kam zu Geschäftsabschlüssen, die für beide Teile günstig verliefen. Besonders der Wellinger Schlehenschnaps erfreute sich großer Beliebtheit.
Als dann später um 1850 das Fastnachtsfeiern überall aufkam, erinnerten sich die Wellinger an die Greesenkleider und hatten so billige Kostüme für die Umzüge und Maskenbälle.

Was hat das Wort „Grees“ zu bedeuten?

Auf den ersten Blick lässt sich die sprachliche Verbindung zu Greis herstellen. Eine „Grees“ ist ein „alt schrumpelich Wäschen“ oder „en uralt Müttachin“ - eine „Grees“ ist also eine Oma, „Greesen“ sind Großmütter.
Sicherlich hatten die Mädchen und auch Jungen (!) früher kein Geld, um sich teure Kleider zur Fastnacht zu kaufen und griffen deshalb in Omas Klamottenkiste. In ihren Fastnachtskostümen ähnelten Sie Großmüttern und verstärkten diesen Eindruck noch durch entsprechende Masken.
Beim Wort „Grees“ lässt sich auch über andere Bedeutungen diskutieren. Die Saarwellinger Nähe zum französischen Sprachraum beispielsweise hält eine Ableitung aus dem Französischen für durchaus möglich.
Es gleichen sich die Begriffe „graisse“ für Fett und Schmalz und „Grees“. Und schließlich treten die „Greesen“ ja nur am Fetten Donnerstag auf, an dem man nach alter Überlieferung ja „siebenmal mit fettigem Maul aus dem Fenster schauen soll“.

Auch heute gilt das „runzelige Greesengesicht in dem Kapotthut“ als Sinnbild für die offiziellen Tage der Saarwellinger Fastnacht.

Das „Greesentreiben“ ähnelt stark dem alemannischen Brauchtum und ist einmalig an der Saar. Es verkörpert gleichzeitig die bekannte Altweiberfastnacht, die heute in den meisten Fällen auf das Krawatten-Abschneiden reduziert ist, was eine echte „Grees“ nie tun würde.

Die Tradition heute:

Für alle Saarwellinger ist der „Greesentag“ somit seit Jahrzehnten ein besonderer Festtag. Bis heute wurde der „Faasendbrauch“ in Saarwellingen, sich als „Grees“ zu verkleiden, von Generationen zu Generationen vererbt und übernommen.

Am „Greesentag“ gilt also in Saarwellingen der absolute Ausnahmezustand. Wohin man auch blickt, überall ziehen die „Greesen“ mit ihren furchteinflößenden Masken ausgelassen durch die Straßen und treiben allerhand Schabernack. Wer wohl dahinter steckt? So manch einer wird bei der Demaskierung überrascht sein!

Quellenangaben:

  • Archiv der Karnevalsgesellschaft "Gold-Blaue-Funken" Saarwellingen
  • Archiv der Gemeinde Saarwellingen, Aus den Erzählungen meines Großvaters Nikolaus Mayer (1866 - 1952)